Liedgeschichte: O, bleibe, Herr / Abide with me
Henry F. Lyte starb 1847 und dichtete kurz vor seinem Tod die Hymne „O, bleibe, Herr“ - ein Gebet um Gottes Beistand in Leben und Tod.
Henry Francis Lyte (1793–1847) war ein anglikanischer Geistlicher, der fast die Hälfte seines Lebens als Vikar einer Kirche in Brixham, einem Fischerdorf in Devonshire an der Südwestküste Englands, tätig war. Er starb im Alter von 54 Jahren und diente dieser Gemeinde 24 Jahre lang.
Lyte war schon als Kind ein vielversprechender Dichter und schrieb sein ganzes Leben lang christliche Gedichte und Hymnen. Doch erst gegen Ende seines Lebens schrieb er die Hymne, die ihn berühmt machen sollte – "O, bleibe, Herr".
In den letzten Jahren seines Lebens litt Lyte an Tuberkulose, der Krankheit, die ihn schließlich das Leben kostete. Wenige Wochen vor seinem Tod hielt er seine letzte Predigt in Brixham. An diesem Nachmittag ruhte er sich aus und machte danach einen Spaziergang am Strand. Dann zog er sich in sein Arbeitszimmer zurück und kam mit seinem Gedicht "O, bleibe, Herr" in der Hand wieder heraus.
Es scheint klar zu sein, dass er auf seinem Spaziergang an diesem Nachmittag an den Tod dachte. Er verließ die Gemeinde in Brixham, weil sein schlechter Gesundheitszustand es ihm nicht mehr erlaubte, dort einen aktiven Dienst zu verrichten. Es muss ihm klar gewesen sein, dass sein Tod nahe bevorstand. Und so schrieb er:
O, bleibe, Herr, der Abend bricht herein,
bald ist es Nacht; o lass mich nicht allein!
Wenn alles flieht, wenn jede Stütze bricht,
Du, der Verlass’nen Hort, verlass mich nicht!"
Das Gedicht ist sowohl sprachlich als auch gefühlsmäßig wunderschön – aber es scheint merkwürdig, dass ein Lied über den Tod so populär werden konnte wie dieses. Doch bei näherer Betrachtung scheint der Grund klar zu sein. Dieses Lied spricht nicht nur über den Tod, sondern auch über das Leben. Es versichert uns Gottes Gegenwart und Hilfe in Leben und Tod. Wie es in der letzten Zeile der letzten Strophe heißt:
"In Tod und Leben, Herr, verlass mich nicht!"
"In Tod und Leben"! Nicht nur im Tod brauchen wir den Herrn, sondern auch im Leben. Wenn wir diesen Hymnus singen, wiederholen wir daher immer wieder: "verlass mich nicht!" – ein Gebet um Gottes Gegenwart und Hilfe.
Richard Niell Donovan in https://sermonwriter.com/hymns/hymn-stories/abide-with-me/; Übertragung: JW
Bibelstellen:
5. Mose 31,8; Psalm 23,4; Psalm 139,8; Jesaja 41,10; Jesaja 43,2; Matthäus 28,20; Johannes 14,18; 2. Timotheus 4,6; Hebräer 13,5